Gestern hatten wir in der Masjed-e Shah Hamid, einen sehr umtriebigen Guide kennengelernt. Hamid handelte unter anderem mit Internet, arbeitete in einem Teppichgeschäft, bot alle Arten von Driver Guide Services an, installierte Blitzer für die Regierung und exportierte Safran. Als Tour Guide arbeitete er wohl hauptsächlich deswegen, um alleinreisende Touristinnen aufzureißen.


Diesem farbenprächtigen Hintergrund zum Trotz machte er einen zuverlässigen Eindruck und wir beschlossen relativ spontan, einen Übernachtungstrip in die Wüste mit ihm zu unternehmen.


Tagsüber erledigten wir erst noch Sightseeing - Khak Ali-Qapu für die Aussicht, die Si-o-Seh-Brücke, die sich über einen völlig ausgetrockneten Fluss spannt, und Chehol Sotun, einen Palast mit hübschem Garten - und Souvenirshopping (jetzt sind unsere Rucksäcke deutlich schwerer).


Nachmittags um vier ging es dann los. Auf dem Weg nach Varzaneh, einer Stadt ama Rande der Wüste, besuchten wir eine Moschee und drei recht interessante landwirtschaftliche Institutionen.


Die erste war ein Taubenturm. In denen wurden, quasi als große Version einen Bienenstocks, früher Tauben gezüchtet, um deren Kot als Dünger zu nutzen. Nett anzusehen, aber von ihnen wenig spannend.


Das zweite war eine Kamelmühle. Hier wurde in einem erstaunlich kleinen Raum ein Kamel vor eine Achse gespannt, das dann Runde und Runde drehte und dabei das Getreide zu Mehl mahlte.


Das dritte war eine von einem Ochsen betriebene Bewässerungsanlage. Der Ochse läuft eine eigens angelegte Rampe hinab und lässt dadurch einen Ledersack in den Brunnen hinab. Beim Herauflaufen wird der Sack wieder nach oben gezogen und direkt in eine Kanalsystem ausgeleert. Wirklich clever. Was ich aber besonders amüsant fand, war, dass der Ochse nur arbeitet,wenn man für ihn singt. Und es darf auch nicht irgendjemand singen - nur ein bestimmter Mann konnte mit diesem Ochsen arbeiten, als ein anderer sang, bewegte sich das gute Tier keinen Schritt *lol*. Und angeblich ist er sogar traurig, wenn er im Stall ist und für einen anderen Ochsen gesungen wird.


Nach diesen unterhaltsamen Zwischenstopps ging es dann direkt ins Wüstencamp. Hamid hatte uns die ganze Zeit vorgeschwärmt, wie sauber die Toilette sei - was uns durchaus verwundert hatte, denn bei unserem Kameltrip in die Wüste Gobi in China hatte es überhaupt keine Toiletre gegeben.


Aber hier waren wir, in einem veritablen Camp mit zwei großen Verpflegungshallen, 10 festen Zeltplätzen und diversen Vergnügungsanlagen. Nebst den erwähnten, tatsächlich sehr sauberen Toiletten und sogar einer Dusche.

Nun ja, vielleicht nicht ganz das, was man sich unter einer Übernachtung in der Wüste vorstellt, aber zumindest war unser Zelt das einzige.


Während Hamid anfing, alles vorzubereiten, bestiegen wir die nächstgelegene Düne, um den Sonnenuntergang zu bewundern. Leider kamen wir nicht weiter hinein, weil doch ein bisschen Wind ging - und Sand in den Augen sich überhaupt nicht mit Kontaktlinsen verträgt. Aber es war trotzdem ganz nett.


Anschließend fuhr Hamid wieder nach Varzaneh, um Abendessen zu holen, und nun hatten wir wirklich das gesamte Camp für uns allein. Wir hatten also eine Stunde voller traumhafter Stille unter einem wunderschönen Sternenhimmel.


Während des Abendessens kamen allerdings eine Gruppe von jungen Iranern an, die zwar offensichtlich kein Zelt gemietet hatten, aber das Camp als Rückzugsort der anderen Art nutzen - für eine ungezwungene Party.


Zwar verzogen wir uns nach dem Essen für einige Zeit hinter die Dünen, wo es wirklich dunkel und ruhig war, und zählten dort auch nicht wenige Sternschnuppen.


Aber zu späterer Stunde hätten wir dann doch gerne vor unserem Zelt, bestens verpackt unter reichlich Decken, den Sternenhimmel bestaunt. Nur dass drüben die Party erst richtig anfing, inklusive lauter Musik. Erst um halb vier zerstreute sich die Gesellschaft, was dazu führte, dass wir uns um halb sechs, als der Wecker für den Sonnenaufgang klingelte, lieber nochmal unter unsere Decken kuschelten.


Die morgendliche Stille und die zwei süßen Hunde, die auf dem Campingplatz wohnten und beim Aufwachen neben unserem Zelt Wache hielten, trösteten zwar ein wenig über die Nacht hinweg, aber insgesamt kann man dem Trip eigentlich niemandem empfehlen, der wirklich die Wüste erleben möchte. Noch dazu, wo wir ja eigentlich Glück gehabt hatten und sowohl unter der Woche als auch außerhalb der Saison dagewesen waren. Man stelle sich das mal vor, wenn alle 10 Zelte belegt sind ...


Aber wie Marcus bemerkte , es ist trotzdem eine sehr iranische Erfahrung - typisch für ein Land, in dem sich die Menschen auch ungewöhnliche Nischen erschließen müssen, um wenigstens ein bisschen Freiheit zu haben.


Geschlafen: Wüstencamp (+)

Gegessen: in einem kleinen Restaurant, das uns Hamid gezeigt hatte. Da hatte ich auch mein erstes richtiges Farsi-Erfolgserlebnis: wie Hamid empfohlen hatte, bestellte ich zweimal Goresht, dazu Reis und Wasser. Und die alte Frau, die die Bestellung aufnahm, fragte mich tatsächlich, woher aus dem Iran ich käme ;)))